Der Auftrag

Bundespräsident Frank Walter Steinmeier sprach am 50. Jahrestag des Anschlags im September 2022 von einem dreifachen Versagen.

„Das erste Versagen betrifft die Vorbereitung der Spiele und das Sicherheitskonzept. Das zweite umfasst die Ereignisse am 5. und 6. September 1972. Das dritte Versagen beginnt am Tag nach dem Attentat: das Schweigen, das Verdrängen, das Vergessen.“ 

Im Herbst 2022 beschloss die Bundesregierung mit Unterstützung des Bundestags die Einsetzung einer internationalen Historiker-Kommission zur umfassenden wissenschaftlichen Aufarbeitung des Anschlags, seiner Vor- und Nachgeschichte. Der Auftrag ist Teil des Gesamtkonzepts „Aufarbeiten. Erinnern. Anerkennen“ und einer entsprechenden Vereinbarung mit den Familien der israelischen Opfer. Im April 2023 brachte das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) das Projekt auf den Weg: Mit der Aufarbeitung beauftragt wurden acht Historikerinnen und Historiker aus Deutschland, Israel und Großbritannien und das Institut für Zeitgeschichte München–Berlin (IfZ). Das IfZ hat dafür in München eine Forschungs- und Geschäftsstelle eingerichtet. 

Der Olympia-Anschlag war und ist Thema vieler TV-Dokumentationen, Spielfilme, Sachbücher und auch wissenschaftlicher Publikationen. Dennoch gibt es bisher keine systematische historische Aufarbeitung des Geschehens. Viele Fragen sind noch immer offen. Denn auch fünf Jahrzehnte nach den Ereignissen sind nicht alle Quellen ausgewertet worden. Darunter sind auch viele Dokumente aus Archiven und Behörden, die bisher nicht zugänglich waren. Die Offenlegung aller wichtigen Quellen ist für die Forschung jedoch unerlässlich. Das BMI hat den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dafür volle Unterstützung zugesichert. 

Schwerpunkte der Untersuchung sind:  

  • die unmittelbare Vorgeschichte, wie zum Beispiel die Sicherheitskonzepte der zuständigen Behörden und die Planungen des „Schwarzen September“ 
  • die genauen Abläufe der Geiselnahme und des Polizeieinsatzes, das Agieren des Krisenstabs und anderer Entscheidungsträger 
  • die Nachgeschichte des Anschlags, wie zum Beispiel die Folgen für die bundesdeutsche Nahost- und Sicherheitspolitik, die Entwicklung der Erinnerungskultur und der Umgang mit den Familien der Opfer. 

Mehr zu den Kernfragen

Das Projekt ist auf die Dauer von drei Jahren angelegt. Die Ergebnisse werden in einem Bericht an das Bundesministerium des Innern und für Heimat und in einem wissenschaftlichen Referenzband veröffentlicht. 

Vor dem Haus Connollystraße 31 in München erinnert ein Gedenkstein an die elf ermordeten Israelis. (Foto: Lukas Barth)

Der Anschlag

Am frühen Morgen des 5. September kletterten acht bewaffnete Männer über ein Tor des Olympischen Dorfes. Es handelte sich um Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation „Schwarzer September“. Sie stürmten das Quartier der israelischen Mannschaft in der Connollystraße 31. Im ersten Apartment befanden sich sieben Trainer und Kampfrichter. Die Täter überwältigten Yosef Gutfreund, Kehat Shor, Andrei Spitzer, Jacob Shpringer, Amizur Shapira und Moshe Weinberg. Nur Tuvia Sokolsky gelang durch die Terrassentür die Flucht. Die Kommando-Mitglieder zwangen nun die Geisel Moshe Weinberg, sie zu weiteren Mannschaftskollegen zu führen. In einem zweiten Apartment befanden sich sechs Sportler: David Berger, Zeev Fridman, Eliezer Halfin, Yosef Romano, Mark Slavin und Gad Zabari. Während die Täter die Männer in das erste Apartment brachten, gelang es Gad Zabari, über die Kellertreppe zu fliehen. Weitere Teammitglieder in anderen Wohnungen wurden von den Angreifern nicht entdeckt. Kurz nachdem die Palästinenser alle Geiseln in der ersten Wohnung zusammengeführt hatten, ermordeten sie dort Moshe Weinberg und Yosef Romano. Es befanden sich nun noch neun Geiseln in der Hand der Täter.

Aufnahme des Olympischen Dorfes in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1972. Foto: dpa/Süddeutsche Zeitung Photo, Bild-ID 00111909.

Die Geiselnehmer drohten mit der Ermordung der israelischen Sportler und forderten in einem Schreiben die Freilassung von mehr als 300 Gefangenen, die meisten aus israelischen Gefängnissen. Auf der Liste stand auch die deutsche RAF-Terroristin Ulrike Meinhof. In München wurde ein Krisenstab gebildet, dem unter anderem der Münchner Polizeipräsident Manfred Schreiber, der bayerische Innenminister Bruno Merk und der Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher angehörten. Die Spiele liefen zunächst weiter. Presse-Fotografen, Kameraleute und Schaulustige drängten sich inzwischen im Olympischen Dorf.

Polizeipräsident Manfred Schreiber, der Pressesprecher des bayerischen Innenministeriums Heinrich von Mosch, der bayerische Innenminister Bruno Merk und Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (v.l.). Foto: Fritz Neuwirth/Süddeutsche Zeitung Photo, Bild-ID 00090731.

Die israelische Regierung um Ministerpräsidentin Golda Meir entschied, den Forderungen der Geiselnehmer nicht nachzugeben. Israel bot den Einsatz einer Spezialeinheit an. Der Vorschlag wurde von deutscher Seite nicht angenommen. In Verhandlungen gelang es dem Krisenstab, die Täter dazu zu bewegen, ihr Ultimatum im Laufe des Tages immer wieder zu verlängern. Unterdessen positionierte sich ein Einsatzkommando der Polizei auf den Dächern, um von dort aus das Apartment zu stürmen. Hier entstanden die Bilder der Beamten in Trainingsanzügen, die in alle Welt übertragen wurden. Der Plan, die Täter im Apartment zu überwältigen, wurde jedoch bald wieder verworfen, da er das Leben der Geiseln und Polizisten gefährdet hätte.

Bayerische Polizisten auf den Dächern des Olympischen Dorfes. Foto: Max Scheler/Süddeutsche Zeitung Photo, Bild-ID: 00900759.

Am späten Nachmittag wurden die Olympischen Spiele unterbrochen. Die Terroristen forderten nun, mit den Geiseln nach Ägypten ausgeflogen zu werden. Der Krisenstab beschloss daraufhin, zum Schein auf die Forderung einzugehen und den Terroristen eine Falle zu stellen. Es wurden zwei Befreiungsszenarien vorbereitet. Plan A sah vor, die Täter in München nach dem Verlassen des Apartments zu überwältigen. Plan B war ein Befreiungsversuch auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck, der während der Spiele zivil genutzt wurde. Plan A scheiterte unter anderem daran, dass die Terroristen das Vorhaben der Polizei durchschauten. So wurden Geiseln und Palästinenser schließlich in zwei Hubschraubern nach Fürstenfeldbruck geflogen, sie landeten dort gegen 22.30 Uhr.

Innenminister Genscher (2.v.l.) bei Verhandlungen mit Geiselnehmer „Issa“ (r.) Foto: dpa/Süddeutsche Zeitung Photo, Bild-ID 00893784.

Auf dem Flugplatz stand eine leere Lufthansamaschine. Die Polizisten, die darin postiert gewesen waren, um die Täter zu überwältigen, hatten das Flugzeug kurz zuvor verlassen, weil sie unzureichend ausgerüstet und kaum geschützt waren. Nachdem zwei Geiselnehmer das Flugzeug inspiziert und wohl die Falle erkannt hatten, eröffnete die Polizei das Feuer. Die Terroristen schossen zurück und ermordeten die wehrlosen Geiseln, die gefesselt in den Hubschraubern saßen. Auch der Polizist Anton Fliegerbauer wurde durch eine ihrer Kugeln getötet. Gegen Mitternacht geriet einer der Hubschrauber in Brand.

Einer der beiden Hubschrauber nach dem Polizeieinsatz in Fürstenfeldbruck. Foto: dpa/Süddeutsche Zeitung Photo, Bild-ID 00111907.

Noch während der Einsatz in Fürstenfeldbruck lief, kursierte die Falschmeldung, dass alle Geiseln befreit seien – auch Regierungssprecher Conrad Ahlers verkündete das im Fernsehen. Gegen drei Uhr morgens musste diese Meldung korrigiert werden: Alle Geiseln waren tot, der Befreiungsversuch war gescheitert. Fünf der acht Terroristen wurden getötet, drei festgenommen. Die Obduktionen zeigten später: Acht Israelis starben an den Schussverletzungen, eine Geisel, David Berger, erlag einer Rauchgasvergiftung.

Die Särge der israelischen Opfer in der Münchner Synagoge. Foto: picture alliance/dpa Mediennummer 1284749.

Am nächsten Tag, dem 6. September, fand im Olympiastadion eine Trauerfeier statt, auf der IOC-Präsident Avery Brundage verkündete, dass die Spiele trotz der Katastrophe fortgesetzt würden: “The games must go on!” Die Wettkämpfe liefen längst wieder, als die Särge mit den ermordeten israelischen Sportlern am 7. September ausgeflogen wurden.

IOC-Präsident Avery Brundage bei seiner Trauerrede. Foto: Sven Simon/Süddeutsche Zeitung Photo, Bild-ID 00161265.

Am 29. Oktober 1972, keine acht Wochen nach dem Anschlag, entführten palästinensische Terroristen die Lufthansa-Maschine „Kiel“ und pressten die drei inhaftierten Geiselnehmer frei. Das Bild zeigt, wie die drei Männer von München nach Zagreb ausgeflogen wurden. Bis heute wurden die Männer nie strafrechtlich belangt, gegen die beiden mutmaßlich noch lebenden Täter laufen weiterhin Ermittlungen wegen Mordes.

Die Maschine, mit der die drei Täter von München ausgeflogen werden. Foto: dpa/Süddeutsche Zeitung Photo, Bild-ID: 00132692.

Der Olympia-Anschlag und die Freipressung hatten direkte Auswirkungen auf das deutsch-israelische Verhältnis. Der Staatsbesuch Willy Brandts in Israel fand im Sommer 1973 unter schwierigen Bedingungen statt. Auch die Beziehungen zu den arabischen Staaten und die bundesdeutsche Politik gegenüber der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) wandelten sich. Das Ereignis prägte zudem die Wahrnehmung der terroristischen Bedrohung in der Bundesrepublik. Eine sicherheitspolitische Folge war die Gründung von Spezialeinheiten wie der GSG 9.

Bundeskanzler Willy Brandt mit Israels Ministerpräsidentin Golda Meir bei seinem Staatsbesuch 1973. Foto: picture alliance /dpa, Mediennummer 461084593.

Die Hinterbliebenen der elf israelischen Opfer kämpften jahrzehntelang um Aufklärung, angemessene Entschädigung und ein würdiges Gedenken. “Dem Anschlag folgten Jahre und Jahrzehnte des Schweigens, des Verdrängens, Jahre der wachsenden Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Hinterbliebenen”, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 50 Jahre nach dem Anschlag und bat die Familien um Vergebung. 50 Jahre dauerte es auch, bis die Bundesrepublik sich mit den Angehörigen auf eine angemessene Entschädigung einigte. Steinmeier betonte auch die Notwendigkeit umfassender wissenschaftlicher Aufarbeitung: “Wie konnte das alles geschehen? Dieser Frage müssen wir uns stellen und nach Antworten suchen.”

Ankie Spitzer, Witwe von Andrei Spitzer, mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2022. Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/Guido Bergmann.

In Gedenken an

  • David Mark Berger1944 – 1972

    Geb.: 24. Mai 1944 Cleveland/Ohio (USA)  
    Gest.: 6. September 1972 Fürstenfeldbruck

    David Berger wuchs als Sohn eines jüdischen Arztes in Cleveland/Ohio auf. Als 13-Jähriger begann er mit dem Gewichtheben. Er studierte Psychologie und Betriebswirtschaft, promovierte in Jura. 1970 wanderte Berger nach Israel aus. Sein großer Traum war die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Er war 28 Jahre alt, als er gemeinsam mit seiner Schwester Barbara 1972 nach München reiste. Auch sein jüngerer Bruder Fred kam als Zuschauer zu den Spielen. David Berger schied im Wettbewerb früh aus, er reiste aber nicht ab, sondern blieb bei seinen Team-Kollegen im Olympischen Dorf.  

    David Berger
    Bild: picture alliance
  • Zeev Fridman1944 – 1972

    Geb.: 10. Juni 1944 Prokopjewsk (Sowjetunion) 
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck 

    Fridmans Eltern stammten aus Polen. Sie waren vor den Nationalsozialisten in die Sowjetunion geflohen. Als Zeev 13 Jahre alt war, kehrte die Familie nach Polen zurück. Drei Jahre später, 1960, emigrierte die Familie nach Israel. Fridman fing als Turner an, wechselte dann zum Gewichtheben. Er war sieben Jahre israelischer Meister im Bantamgewicht und auch international erfolgreich. Die Spiele in München sollten gleichzeitig der sportliche Höhepunkt und der Abschluss seiner Karriere werden, danach wollte der 28-Jährige als Sportlehrer arbeiten. Fridman stellte in München mehrere israelische Rekorde auf. Am 3. September schrieb er seiner Familie auf einer Postkarte, wie sehr er sich auf die Heimreise freue.  

    Zeev Fridman
    Bild: picture alliance
  • Yosef Gutfreund1931 – 1972

    Geb.: 1. November 1931 Chișinău (Rumänien)  
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck 

    Mit seinen Eltern und seiner Schwester überlebte Yosef Gutfreund in verschiedenen Verstecken in Rumänien, Österreich und Ungarn die Shoa. 1948 emigrierte die Familie nach Israel, dort begann Gutfreund mit dem Ringen. Zunächst arbeitet er in der Pension seiner Eltern mit, später war er im Elektrohandel tätig. Mit seiner Frau Rachel bekam er zwei Töchter. Gutfreund reiste als Kampfrichter zu Turnieren nach Asien, Amerika und Europa. Die Olympischen Spiele 1972 in München waren für den 40-Jährigen die dritten Spiele als Schiedsrichter. Gutfreund verzichtete auf eine Unterbringung im Hotel, er wollte beim israelischen Team im Olympischen Dorf wohnen.  

    Yossef Gutfreund
    Bild: picture alliance
  • Eliezer Halfin1948 – 1972

    Geb.: 18. Juni 1948 Riga (Sowjetunion) 
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck  

    Eliezer Halfins Eltern waren beiden schon verwitwet, als sie sich kennenlernten, ein Großteil der Familien war in der Shoa ermordet worden. Eliezer und seine Schwester wuchsen in Riga auf, als Ringer im Freistil hatte Halfin schon in der Jugend Erfolge. Nach jahrelangem Warten auf eine Ausreisegenehmigung emigrierte die Familie 1969 nach Israel. Im Wingate Sportleistungszentrum traf er seinen Trainer Moshe Weinberg, mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verband. Von 1969 bis 1972 war Halfin israelischer Meister im Freistilringen im Leichtfliegengewicht. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen war für den 24-jährigen frisch verlobten Eliezer Halfin ein Lebenstraum. 

    Eliezer Halfin
    Bild: picture alliance
  • Yosef Romano1940 – 1972

    Geb.: 15. April 1940 Bengasi (Italienisch-Libyen)  
    Gest.: 5. September 1972 München 

    Es herrschte Krieg in Bengasi im heutigen Libyen, als Yosef Romano 1940 dort geboren wurde. 1946 floh die Familie vor antijüdischen Ausschreitungen ins damalige Palästina. Romano, der elf Geschwister hatte, lernte Dekorateur, erst mit 20 wurde sein Talent zum Gewichtheben entdeckt. Romano war im Jahr 1972 schon sehr bekannt in Israel, ab 1962 war er zehn Jahre lang israelischer Meister im Mittelgewicht gewesen. Mit seiner Frau Ilana hatte er drei Kinder. Bei den Vorkämpfen in München verletzte er sich. Deswegen wäre Romano am 6. September vorzeitig nach Israel abgereist, um sich dort operieren zu lassen. 

    Yossef Romano
    Bild: picture alliance
  • Kehat Schor1919 – 1972

    Geb.: 21. Februar 1919 Podu Iloaiei (Rumänien) 
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck 

    Kehat Schor wuchs in Rumänien auf. Während des Zweiten Weltkriegs entkam er der Deportation, weil er mit seiner späteren Frau Sarah und einem Teil ihrer Familie in die Karpaten flüchten konnte. Als Sportschütze wurde er mehrmals rumänischer Meister, danach begann er als Trainer zu arbeiten. Jahrelang verweigerte die Volksrepublik Rumänien dem Familienvater die Ausreise, erst 1963 konnte er mit seiner Frau und Tochter Michal nach Israel emigrieren. Dort wurde Schor Nationaltrainer der Schützen, 1968 war er in dieser Funktion schon bei den Olympischen Spielen in Mexiko. Der erfahrene Trainer begleitete die Schützen Henry Hershkovitz und Zelig Shtorch nach München, die beim Anschlag entkommen konnten.

    Kehat Shorr
    Bild: picture alliance
  • Amizur Shapira1932 – 1972

    Geb.: 9. Juli 1932 Tel Aviv (Palästina) 
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck 

    Schon in seiner Jugend war Amizur Shapira, der in Tel Aviv geboren wurde, ein erfolgreicher Leichtathlet und einer der schnellsten Kurzstreckenläufer Israels. Nach seiner aktiven Zeit studierte er Psychologie, Pädagogik, Literatur und Sport und wurde Cheftrainer des Leichtathletik-Nationalteams. Er war als Trainer schon 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio. Nach München reiste der vierfache Vater mit der Sprinterin und Hürdenläuferin Esther Shahamorov, die Israels größte Medaillenhoffnung war. Am 4. September konnte sie sich für das Halbfinale im 100-Meter-Hürdenlauf qualifizieren. Zu dem Lauf kam es für Shahamorov nicht mehr, sie begleitete stattdessen den Sarg ihres Trainers zurück nach Israel. 

    Amtizur Shapira
    Bild: picture alliance
  • Jacob Shpringer1921 – 1972

    Geb.: 10. Juni 1921 Kalisz (Polen) 
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck 
     
    Beim Überfall Deutschlands auf Polen 1939 war Jacob Shpringer 18 Jahre alt. Seine Eltern und Geschwister wurden in der Shoa ermordet, Shpringer konnte in die Sowjetunion fliehen und kehrte nach dem Krieg nach Polen zurück. Nach seinem Sportstudium arbeitete er unter anderem im Sportministerium in Warschau und als Sportlehrer. 1956 war er Kampfrichter im Gewichtheben bei den Olympischen Spielen in Melbourne. 1957 wanderte er mit seiner Frau Shoshana und den beiden Kindern nach Israel aus. Dort arbeitete er auch als Nationaltrainer im Gewichtheben. Israel entsandte ihn als Kampfrichter schon zu den Olympischen Spielen 1960 und 1964. In München verzichtete der 51-Jährige auf eine Unterbringung im Hotel, er wohnte lieber bei seinem Team im Olympischen Dorf. 

    Yakov Springer
    Bild: picture alliance
  • Mark Slavin1954 – 1972

    Geb.: 31. Januar 1954 Minsk (Sowjetunion)
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck 

    Mark Slavin wuchs in der Sowjetunion auf. Er war neun, als er mit Ringen anfing. Er besuchte eine Sport-Eliteschule und wurde 1971 sowjetischer Juniorenmeister im Mittelgewicht. Wegen des vorherrschenden Antisemitismus stellte Slavin einen Ausreiseantrag, woraufhin ihm seine Titel aberkannt wurden und er für Wettkämpfe gesperrt war. Im Mai 1972 kam er nach Israel, wurde im Eilverfahren eingebürgert und qualifizierte sich für die israelische Olympiamannschaft. Der junge Sportler war begeistert von der Olympischen Idee. Er traf sich in München mit Ringern aus der Sowjetunion und tauschte mit arabischen Sportlern Anstecker aus. Am 5. September hätte der 18-Jährige seinen ersten Kampf gehabt, stattdessen wurde er das jüngste Anschlagsopfer.  

    Mark Slavin
    Bild: picture alliance
  • Andrei Spitzer1945 – 1972

    Geb.: 4. Juli 1945 Timişoara (Rumänien)
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck

    Als Sohn zweier Shoa-Überlebender wuchs Andrei Spitzer in Rumänien auf. Seinen Vater verlor er früh. Als Fechter hatte Spitzer einige Erfolge in Rumänien, bevor die Familie 1964 nach Israel auswanderte. Spitzer ließ sich zum Trainer ausbilden und gab seine Begeisterung an Jugendliche weiter. 1968 unterrichtete er in den Niederlanden und lernte dort seine spätere Frau Ankie kennen. Das Ehepaar Spitzer fuhr 1972 zunächst gemeinsam nach München und wohnte außerhalb des Olympischen Dorfes. Weil die kleine Tochter Anouk, die bei den Großeltern in den Niederlanden war, erkrankte, reisten die Spitzers zu ihrem Kind. Wenige Stunden vor dem Anschlag kehrte Andrei Spitzer allein ins Olympische Dorf zurück.  

    Andrei Spitzer
    Bild: picture alliance
  • Moshe Weinberg1939 – 1972

    Geb.: 19. September 1939 Haifa (Palästina)
    Gest.: 5. September 1972 München

    Moshe Weinbergs Familie stammte aus Österreich, sein Großvater väterlicherseits wurde im KZ Dachau schwer misshandelt und starb an den Folgen. Moshes Vater gelang im Jahr 1938 die Flucht ins damalige Palästina. Dort wuchs Moshe, genannt “Muni”, bei seinen Großeltern mütterlicherseits auf. Nach einer erfolgreichen Karriere als Ringer wurde Weinberg Trainer. Nur wenige Wochen vor seiner Abreise nach München, im August 1972, wurden Moshe Weinberg und seine Frau Miriam Eltern eines Sohnes. Weinberg betreute bei den Olympischen Spielen die Ringer Eliezer Halfin und Mark Slavin, die ebenfalls ermordet wurden.  

    Moshe Weinberg
    Bild: picture alliance
  • Anton Fliegerbauer1940 – 1972

    Geb.: 5. März 1940 Westerndorf  
    Gest.: 5. September 1972 Fürstenfeldbruck 

    Anton Fliegerbauer wuchs in Westerndorf in Niederbayern auf einem Bauernhof auf. Nachdem er sich zunächst in der Landwirtschaft ausbilden ließ, bewarb er sich 1958 bei der Polizei. Zunächst war er in Landshut im Dienst, 1964 wechselte er als Polizeihauptwachtmeister nach München. Am 5. September 1972, dem Tag des Anschlags, hatte Fliegerbauer eigentlich Urlaub. Er wollte mit seiner Frau Maria und seinem vierjährigen Sohn Alfred nach Niederbayern reisen. Einige Tage zuvor war er außerdem bei einer Auseinandersetzung mit Demonstranten leicht verletzt worden. Da der 32-Jährige aber als guter Schütze galt, wurde er nach der Geiselnahme im Olympischen Dorf dennoch zum Dienst gerufen und am Abend in Fürstenfeldbruck eingesetzt.  

    Anton Fliegerbauer
    Bild: picture alliance